18. April 2025

Pressemitteilung: Transport von Lämmern und Schafen nach Italien vor Ostern - Tierschutzorganisationen kritisieren mangelnde Kontrollen und Tierschutzprobleme

Mailand, 17. April 2025 - Die Tierschutzorganisationen Essere Animali, Animals' Angels, Animal Welfare Foundation und ENPA haben in den Tagen vor Ostern zahlreiche Verstöße, unzureichende Kontrollen und Gesundheitsrisiken beim Transport von Schafen und Lämmern dokumentiert. Mindestens drei Schafe und drei Lämmer kamen infolge dieser Transporte ums Leben. Zu den festgestellten Problemen zählen verletzte und nicht abgesetzte Tiere, ungeeignete, unzugängliche oder defekte Trinkvorrichtungen, überhöhte Besatzdichten, zu lange Transportzeiten, unzureichende Einstreu sowie fehlender Freiraum über den Köpfen der Tiere – was eine ausreichende Belüftung und natürliche Bewegungen unmöglich macht.

Kurz vor Ostern haben Essere Animali, Animals' Angels, Animal Welfare Foundation und ENPA auf italienischen Autobahnen Tiertransporte mit Schafen und Lämmern kontrolliert, die zu Schlachthöfen in Italien unterwegs waren – insbesondere in den Regionen Toskana, Latium und Apulien.

In diesem Zeitraum steigt die Zahl der Transporte von Lämmern nach Italien, um die erhöhte Nachfrage nach Lammfleisch zu decken. Die Tiere stammen überwiegend aus osteuropäischen Ländern – aber nicht ausschließlich. In diesem Jahr hat Rumänien, der wichtigste Exporteur von Schafen und Lämmern nach Italien, den Transport aufgrund eines Ausbruchs der Schafpest gestoppt. Aus diesem Grund konzentrierten sich die Aktivitäten der Tierschutzorganisationen auf die Grenzregion bei Ventimiglia nahe der Stadt Fréjus, die von Transporten aus Frankreich und Spanien passiert wird – zwei der wichtigsten Exportländer für Schafe und Lämmer nach Italien. 

Die Organisationen überwachten außerdem die Grenzübergänge Fernetti und Gorizia an der Grenze zu Slowenien, über die aus Osteuropa stammende Lämmer nach Italien gelangen – insbesondere aus Ungarn, der Slowakei und Polen. 

Zwischen dem 7. und 17. April kontrollierten die Organisationen insgesamt 20 Tiertransporter. Nur in zwei Fällen hat die von den NGOs beigezogene Polizei interveniert. In beiden Fällen stellte sie Verstöße fest. In einem dritten Fall griffen weder Polizei noch Tierärzt:innen auf einer Strecke von 700 km ein, bis der LKW im Schlachthof ankam – obwohl die Organisationen mehr als zwölf Stunden lang ununterbrochen versucht hatten, die zuständigen Behörden zu erreichen.

Drei Schafe und zwei Lämmer starben beim Transport 

Am ersten Tag dokumentierten die Organisationen den Fall eines spanischen Tiertransporters mit rund 300 „ausgedienten“ Schafen auf dem Weg zu einem Schlachthof in der Provinz Viterbo. Das Fahrzeug wies mehrere schwerwiegende Mängel auf, die von Polizei und Amtstierärzt:innen in Genua festgestellt wurden: Aufgrund eines defekten Tränkesystems konnten die Tiere während der Fahrt kein Wasser trinken – ein klarer Verstoß gegen die Vorschriften für Langstreckentransporte.
Die hohe Besatzdichte führte dazu, dass die Schafe alle aufrecht standen, eng beieinander gedrängt, ohne die Möglichkeit, sich frei zu bewegen oder sich hinzulegen, um auszuruhen. Die wenigen Schafe, die sich hinlegten, wurden niedergetrampelt. Zudem war die Decke zu niedrig, um eine ausreichende Belüftung zu gewährleisten. Außerdem entdeckten die Veterinär:innen verletzte Tiere und bemerkten, dass nur wenig Einstreu vorhanden war, sodass einige Tiere direkt auf dem Metallboden lagen.
Dem Lastwagen wurde die Weiterfahrt verweigert, da er das Wohl der Tiere nicht garantieren konnte. Die Schafe wurden an einem Kontrollpunkt entladen, an dem leider drei Schafe aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustands eingeschläfert werden mussten.

Der Lastwagen wurde mit einer Geldstrafe belegt, jedoch nur wegen des defekten Tränkesystems. Die Tierärzt:innen erkannten mehrere Verstöße an, entsprechende Sanktionen wurden jedoch nicht verhängt – ein schwerwiegendes Versäumnis, das leider häufig zu wiederholten Verstößen durch die Transporteur:innen führt. Es ist unerlässlich, den spanischen und europäischen Behörden die Unzulänglichkeit dieser Langstreckentransporte zu melden, die den Tieren zusätzliches und unnötiges Leid zufügen.

In Ligurien wurde ein weiterer kritischer Fall von den Tierschutzorganisationen dokumentiert, bei dem es diesmal um Lämmer ging. Ein Lastwagen aus Rhodes (Frankreich), der rund 400 Lämmer transportierte, machte einen obligatorischen 24-Stunden-Stopp in einem zugelassenen Stall in Piacenza, bevor der Transport in den Süden Italiens fortgesetzt und anschließend mit der Fähre nach Griechenland weitergeführt werden sollte. In Piacenza angekommen, mussten die Tiere drei Stunden warten, bevor sie entladen werden konnten. 

Noch erschreckender war, dass ein Lamm, das nicht mehr stehen konnte und offensichtlich tierärztliche Hilfe benötigte, während des Entladens auf dem Boden neben dem Lastwagen liegen gelassen wurde. Dort ließ man es – lediglich mit einer Schale Wasser versorgt – die ganze Nacht zurück, schutzlos der Kälte, den schlechten Wetterbedingungen und sogar möglichen Raubtieren ausgesetzt. Es wurde weder an einen geschützten Ort gebracht noch von einem Tierarzt behandelt. Laut Aussage der zuständigen Tierärzt:innen ist das Tier verstorben; außerdem berichteten sie von einem weiteren toten Lamm.

Ein dritter Fall ereignete sich zwischen dem 16. und 17. April: Zwei Lämmer starben im Lkw. Die Organisationen meldeten den Transport bei allen Behörden entlang einer 700 km langen Strecke, aber keine Polizeikräfte griffen ein. Die Tiere wurden nach fünfstündiger Wartezeit in der Nacht im Schlachthof entladen, und die Tierärzt:innen bestätigten den Tod von mindestens zwei Tieren.

Gesundheitsrisiken bei Lebendtiertransporten aus Osteuropa

Am 13. April fuhren die Tierschutzorganisationen an die Grenze zu Slowenien, um auch dort die Importe nach Italien zu dokumentieren. Osteuropa wird derzeit von der Pest der kleinen Wiederkäuer und der Maul- und Klauenseuche heimgesucht. Aus Gründen der Biosicherheit haben die italienische Polizei und Armee an den Zollstellen Fernetti und Gorizia in Friaul Kontrollpunkte eingerichtet, um alle Fahrzeuge, die Tiere nach Italien transportieren, zu desinfizieren.

Soldaten in Schutzanzügen desinfizierten die Lastwagen, indem sie von Hand Desinfektionsmittel auf die Reifen auftrugen. Die Organisationen beobachteten jedoch mehrere Lkws, die weder angehalten noch desinfiziert wurden. Sie gelangten somit ungestört auf italienisches Territorium. Dadurch steigt das Risiko, dass sich die Tierseuchen auch in Italien ausbreiten – und bereits ergriffene Schutzmaßnahmen werden dadurch wirkungslos.

Wie jüngste Studien über Schafe und Rinder zeigen und die EU-Verordnung 1/2005 über den Schutz von Tieren beim Transport darlegt, fördert der grenzüberschreitende Transport lebender Tiere die Ausbreitung von Epidemien und Zoonosen. 

Auch aus diesem Grund hat die EU-Kommission die Umstellung auf den Transport von Fleisch und toten Tierkörpern in ihren Vorschlag für die Überarbeitung der Verordnung über den Transport lebender Tiere aufgenommen. Der Europäische Rechnungshof bezeichnet diesen Schritt als grundlegende Maßnahme zur Verringerung der gesundheitlichen, tierschutzbezogenen und ökologischen Risiken beim Tiertransport.
Neben den Gefahren für die Gesundheit von Mensch und Tier mangelt es an wirksamen und rechtzeitigen Kontrollen des Zustands der Tiere an Bord solcher Transporte. Anstatt den Transport aus seuchenbetroffenen Ländern auszusetzen, begnügt man sich damit, die Lkw-Reifen zu desinfizieren – mit der Argumentation, dies reiche aus, um eine Ansteckung durch die Tiere an Bord zu verhindern. Die gesetzlich vorgeschriebenen Tierschutzkontrollen, die ohnehin schon unzureichend sind, werden in Folge dieser Maßnahme ausgesetzt. 

Neue EU-Tiertransportverordnung muss dringend verabschiedet werden

Die aktuelle Situation zeigt die Unzulänglichkeiten der EU-Gesetzgebung, die derzeit in Kraft ist. Sie muss deshalb dringend geändert werden. In den letzten Jahren haben Tierschutzorganisationen immer wieder über Fälle berichtet, bei denen Lämmer von italienischen Tierärzt:innen direkt auf dem Lastwagen eingeschläfert wurden – aufgrund des enormen Leids, dem sie zuvor ausgesetzt waren. 

Auch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat in einem eigenen wissenschaftlichen Gutachten klare Hinweise zum Transport gegeben: Tiere müssen mehr Platz zur Verfügung haben, sollen nicht bei schlechtem Wetter und extremen Temperaturen (vor allem im Sommer) transportiert werden und die Transportzeiten sollen drastisch reduziert werden. Langstreckentransporte sollen dadurch gezielt unattraktiv gemacht werden. 

Nach Angaben der italienischen Behörden wurden zu Ostern 2024 in Italien über 328.000 Lämmer geschlachtet – insgesamt belief sich die Zahl der Schlachtungen im Jahr 2024 auf 1,5 Millionen. Davon wurden 470.000 aus Ungarn und Rumänien importiert, während 191.000 aus Spanien und Frankreich kamen. Transporte aus diesen Ländern nach Italien dauern teils bis zu 30 Stunden. Für die Tiere bedeutet dies zusätzliches Leid, bevor sie überhaupt den Schlachthof erreichen.  

Anfang April haben Essere Animali, Animals' Angels, Animal Welfare Foundation und ENPA ein gemeinsames Schreiben an die italienischen Behörden geschickt. Darin legen die Organisationen dar, welchen Hauptrisiken Lämmer während des Transports ausgesetzt sind. Auf diese Risiken muss bei Kontrollen besonderes Augenmerk gelegt werden. Die Organisationen fordern die italienischen Behörden in dem Schreiben auf, nicht nur die Kontrollen der Gesundheitsrisiken, sondern auch die tierschutzrechtlichen Kontrollen zu verstärken. Leider hat die italienische Regierung keine offizielle Erklärung abgegeben. Anders als in den Vorjahren haben sie sich dazu entschieden, die Kontrollen von Lämmertransporten vor Ostern nicht zu intensivieren. Das zeigt, dass das Thema Tierschutz für die italienische Regierung an Bedeutung verloren hat und keine Priorität ist. Zudem wird durch diese Entscheidung die Wirksamkeit der Kontrollen sowie die Erhebung von Daten und Informationen zu Gesundheits- und Tierschutzaspekten erheblich beeinträchtigt.

"Jedes Jahr dokumentieren wir den Transport von Lämmern und Schafen auf italienischen Autobahnen. Die kritischen Fälle nehmen kein Ende und die Tiere zahlen den höchsten Preis. Wir fordern die italienischen Europaabgeordneten und die Regierung auf, für eine klare, wissenschaftlich fundierte und effektive EU-Gesetzgebung zu sorgen und eine ehrgeizige Überarbeitung der bestehenden Regelungen zu unterstützen. Die Transportzeiten müssen drastisch verkürzt, Transporte in Länder außerhalb der EU sowie Langstreckentransporten verboten werden. Außerdem braucht es einen besseren Schutz für besonders gefährdete Tiere, etwa nicht abgesetzte Lämmer und Kälber, und den Übergang zu anderen Produktionsmethoden. In Brüssel haben wir eine historische Chance, der Tierquälerei auf Transporten ein Ende zu setzen und die Tierschutzgesetze zu verbessern. Die italienische Regierung und das Europäische Parlament müssen ihren Teil dazu beitragen. Das fordern Millionen italienischer und EU-Bürger, denen das Wohlergehen von ,Nutz‘tieren am Herzen liegt", erklären Essere Animali, Animals' Angels, Animal Welfare Foundation und ENPA.
 

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