19. Februar 2020

37 Grad: Tiertransporte grenzenlos

Vorschau Presseinformation, Seite 1/2

ZDF: 37-Grad Dokumentation: "Tiertransporte grenzenlos" am 18. Februar 2020

Deutsche Tiere enden in Schlachthöfen Nordafrikas und dem Nahen Osten


Freiburg, 18.2.2020 – «Beim Grenzübertritt ins europäische Ausland können aus deutschen
Zuchtrindern Schlachttiere werden. Das geschieht unkontrollierbar für die Behörden. Das
ist kriminell», kritisieren Iris Baumgärtner, Projektleitung Nutztiere der Animal Welfare
Foundation (AWF) und Gabriel Paun, EU-Direktor von Animals International (AI). So
auch in einem Fall von 30 Rindern aus dem bayerischen Miesbach. Der Fall ist Teil der
Filmdokumentation «Tiertransporte grenzenlos» von Manfred Karremann in der ZDFSendung
37 Grad (18.2.2020). «Wir haben den Transport von der Abfertigung in Bayern
bis zur Verladung auf ein Schiff im spanischen Tarragona dokumentiert», so Iris Baumgärtner,
AWF. Die 30 bayerischen Zuchttiere werden nur wenige Tage nach der Abfahrt
in Bayern auf ein Schiff verladen mit Ziel Libyen.


Der ZDF-Bericht thematisiert den grausamen Umgang mit Rindern in Drittländern. Schockierendes
Bildmaterial, aufgenommen von AI, zeigt die Schlachtung deutscher Tiere im
Libanon. «Die Bauern, von deren Höfen diese Tiere stammen, sind oft ahnungslos. Sie
werden von den Viehhändlern im Glauben gelassen, dass ihre Tiere zumindest in der EU
bleiben», erklärt Iris Baumgärtner.


Es hat Methode, zum Schlachten oder zur Milchproduktion bestimmte Tiere unter dem
Deckmantel «Zuchttiere» in den Nahen Osten oder nach Nordafrika zu verkaufen. Obwohl
Bayern den Export von Rindern in 17 aussereuropäische Staaten erschwert hat und
Deutschland keine Schlachttiere mehr exportiert, werden regelmässig deutsche Tiere in
Drittstaaten geschlachtet. «Die Exporteure lassen keine Gelegenheit aus, Transportbeschränkungen
zu umgehen. Gültige Bestimmungen werden durch Umwegtransporte
durch andere EU-Mitgliedsstaaten ausgehebelt. Die Fantasie der Exporteure ist grenzenlos
», wissen AWF und AI zu berichten.


Im Fall der bayerischen «Zuchtrinder» stellte das Veterinäramt in Miesbach am 16.5.2019
die Transportpapiere aus. Angegebener Zielort war ein landwirtschaftlicher Betrieb in der
Ortschaft Divin, Slowakei. Bereits diese erste Angabe war falsch. «An der angegebenen
Adresse haben wir nur ein Wohnhaus gefunden», berichtet Iris Baumgärtner. Der Transporter
fuhr stattdessen 35 Kilometer weiter zu einer Sammelstelle in Lieskovec.
Dort bekamen die 30 bayerischen Rinder neue Transportbegleitpapiere und wurden zu
Schlachttieren umdeklariert. Der Transport ging nach wenigen Stunden ohne vorgeschriebene
48-stündige Ruhepause und Versorgung der Tiere weiter. Nächster Zielort war der
2'100 Kilometer entfernte spanische Hafen Tarragona. Dort wurden die 30 Tiere am
20.5.2019 direkt auf ein Schiff verladen mit Ziel Libyen.
«Kein Einzelfall», weiss Gabriel Paun von AI zu berichten. «Wir finden in Schlachthöfen in
Nordafrika oder dem Nahen Osten immer wieder Tiere auch mit deutschen Ohrmarken
und müssen mit ansehen, wie diese brutal geschlachtet werden». Das liegt daran, dass
Deutschland als Zuchttiere deklariert Rinder direkt in Drittstaaten verschickt. Allein 2018
waren es 70.000 Rinder.


Seit mehr als zehn Jahren dokumentiert Animals International Schlachtpraktiken im Nahen
Osten, Nordafrika aber auch in der Türkei. «Unfassbares Leid wird diesen Tieren angetan.
Damit sie nicht davonrennen können, werden ihnen die Beinsehnen durchtrennt.
Um sie ruhig zu stellen, wird ihnen in die Augen gestochen. Hierbei wird kein Unterschied
zwischen Zucht- und Schlachttier gemacht», so Gabriel Paun.
Rund 650'000 Saugkälber hat Deutschland 2018 exportiert. Laut Bundeslandwirtschaftsministerin
Julia Klöckner gibt es keine geeigneten Transportfahrzeuge für diese jungen
Tiere, die eine Versorgung auf Transporten länger als acht Stunden gewährleisten. In der
ZDF-Dokumentation wird am Beispiel deutscher Kälber aus Norddeutschland gezeigt, wie
die Milchbranche überschüssige Kälber entsorgt. «Auch hier sind es Umwegtransporte
über das nächstgelegene EU-Nachbarland», weiss Iris Baumgärtner zu berichten.
Im dokumentierten Fall gingen die 15 Tage alten Kälbchen nach Belgien in eine Sammelstelle.
Dort blieben sie eine Nacht, dann wurden sie unter Missachtung der EU-Tiertransportverordnung
auf einen spanischen Transporter umgeladen und ins spanische Vic transportiert.
Acht Monate später identifiziert ein Einsatzteam von AI drei dieser inzwischen
auf Schlachtgewicht gemästeten Kälber an Hand ihrer Ohrmarken in einem libanesischen
Schlachthof.


«Wir wissen von vielen Bauern und Amtsveterinären, dass sie lieber heute als morgen
diese Exporte lebender Tiere beenden wollen. Dazu muss den Exporteuren auf nationaler
und auf EU-Ebene die Möglichkeit genommen werden, ihre Länderregierungen auszutricksen,
indem sie genehmigungswillige Behörden herauszupicken», fordern AWF und AI
die deutsche Bundesregierung auf, sich für einen EU-weiten Exportstopp einzusetzen. Solange
es keine einheitliche Regelung gibt, «werden die Exporteure sämtliche Lücken nutzen,
um die Qualtransporte durchzuführen».

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