Neuer Dokumentarfilm über Pferdefleischproduktion deckt Tierquälerei auf
Tierschutzbund Zürich veröffentlicht neue Recherchen
Zürich, 19.04.2024. Der Tierschutzbund Zürich (TSB) veröffentlicht neue Filmaufnahmen aus argentinischen Pferdeschlachthöfen und Sammelstellen. Die Aufnahmen entstanden im Zeitraum 2022 bis 2024. Gezeigt werden Grausamkeiten im Umgang mit Pferden, deren Haltung und Entladung von Rindertransportern. «Wir haben unsere Recherchen nochmals vertieft, nachdem die Firma Skin Packing unseren Kurzfilm mit Pressemitteilung vom Juni 2022 zum Anlass für eine Klage gegen den Tierschutzbund Zürich genommen hat», begründet Sabrina Gurtner, TSB-Projektleiterin, die aktuelle Veröffentlichung. Skin Packing ist einer der grössten Schweizer Importeure von Pferdefleisch aus Argentinien, nachdem zwischen 2013 und 2015 sämtliche Supermärkte wie auch die GVFI als ehemals grösster Importeur den Handel mit Pferdefleisch aus Übersee eingestellt haben.
Das Gerichtsdokument umfasst zwischenzeitlich über 200 Punkte. Darunter viele Behauptungen des Schweizer Importeurs aus Gland, die belegen sollen, dass die Recherchen des TSB nicht das Bild wiedergeben, wie es vor Ort in den Schlachthöfen tatsächlich aussieht. «Die Besuche und Kontrollen von Skin Packing sind angekündigt. Die Schlachthofbetreiber bereiten sich auf diese Besuche vor. Unsere Bilder entstanden bei nicht angekündigten Kontrollen. Zudem sind die meisten Aufnahmen verdeckt entstanden», erklärt Sabrina Gurtner den Unterschied der Zustände, die bei Skin Packing- und TSB-Kontrollen jeweils zu sehen sind.
Der neue Dokumentarfilm zeigt, wie in Argentinien schwer verletzte Pferde sich selbst überlassen werden. Sie werden humpelnd von Transportern in Pferche getrieben. Nachkontrollen des TSB zeigen, dass solche Tiere auch nach einer Woche noch unbehandelt in den Schlachthofpferchen stehen. Gezeigt werden Fohlen, die im Schlachthof geboren werden und zwischen durstigen und hungernden Pferden ungeschützt sind. Und wie Arbeiter mit Stöcken und Besen auf die Pferdeköpfe und -körper einschlagen. Auch die Versorgung der Pferde mit Futter, Wasser und Witterungsschutz ist in den Lieferschlachthöfen und Sammelstellen nicht gewährleistet.
Im April 2023 besuchte Skin Packing laut eigener Aussage die Schlachthöfe Lamar und Land L in Argentinien. In den Gerichtsunterlagen schreibt Skin Packing im Zusammenhang mit dem Besuch in Land L: «Wir haben bei unserer Ankunft am ersten Tag festgestellt, dass die Pferde, die am nächsten Morgen prioritär geschlachtet werden mussten, einige oberflächliche Verletzungen hatten. Wir haben darauf bestanden, dass diese Tiere aus den Pferchen genommen und unter Quarantäne gestellt werden müssen, um die schlechten Bilder, die von den Aktivisten veröffentlicht wurden, zu verhindern.»
In einer Debatte des EU-Parlaments am 18. Januar 2024 über die Ergebnisse eines EU-Audits in südamerikanischen Schlachthöfen bestätigte EU-Kommissar Olivér Várhelyi die Probleme: «Die von Ihnen angesprochenen spezifischen Probleme, wie Rückstände von Tierarzneimitteln, Tierschutz, illegale grenzüberschreitende Verbringung sowie Rückverfolgbarkeit, wurden alle im Verlauf der Audits festgestellt, welche die Kommissionsdienststellen in diesen beiden Ländern (Argentinien und Uruguay) durchgeführt haben.»
Pferdesammelstellen, die die Partner-Schlachthöfe von Skin Packing beliefern, stehen zudem im Verdacht lokaler krimineller Machenschaften. Der Schlachthof Lamar in der Nähe von Buenos Aires wird von der Sammelstelle in Ibicuy beliefert. Gegen den Inhaber laufen polizeiliche Ermittlungen wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche, Waffenbesitz und Tierquälerei. Auch der Schlachthof Lamar ist im Fokus der Polizei. Medien berichten von einer Razzia am 9. Februar 2022. «Genau an diesem Tag soll zeitgleich ein von den europäischen Importeuren beauftragter Kontrollbesuch stattgefunden haben», verweist Sabrina Gurtner auf die Gerichtsunterlagen.
Der zweite Gerichtstermin könnte bereits im Sommer stattfinden. «Dass sich durch die Bemühungen von Skin Packing die Tierschutzbedingungen in den Schlachthöfen, auf den Transporten und in den Sammelstellen wesentlich verbessert hätten, ist pures Wunschdenken», so Sabrina Gurtner. Tatsächlich ist es so, dass die Schlachthöfe die Kontrollen von Skin Packing und anderen Importeuren manipulieren, wie sie es auch bei EU-Kontrollen tun, was die EU-Auditoren in Vergangenheit mehrfach festgestellt haben. Der TSB fordert von Skin Packing ein Ende des Imports von Pferdefleisch aus Rechtsräumen, die Tierschutz nach europäischem Standard nicht gewährleisten können.
Die Recherchen des TSB haben schwere Misshandlungen durch Pferdefleisch-Produzenten in Südamerika aufgedeckt, die Skin Packing in der Schweiz beliefern. Der TSB rechnet diese Misshandlungen nicht Skin Packing an. In den Gerichtsunterlagen, die im aktuellen Film auszugsweise erwähnt werden, verteidigt Skin Packing nicht die eigene Position, sondern die der südamerikanischen Produzenten. Der TSB kann nicht verstehen, wie Skin Packing zustimmen kann, von diesen Pferdefleisch-Produzenten weiter zu importieren.
«Wir hoffen, dass dieser neue Film Skin Packing dazu veranlassen wird, die Realität der Situation in Südamerika zu akzeptieren und den Import von Pferdefleisch aus tierquälerischer Produktion, wie im Film gezeigt, zu beenden, anstatt gegen den TSB zu klagen», erklärt Sabrina Gurtner.