Schiffsnotfall betrifft 8.000 Tiere
Presseinformation: NGOs fordern Systemwechsel, um Qualtransporte per Schiff zu stoppen
Freiburg, 16. März 2022. Die Animal Welfare Foundation (AWF), Compassion in World Farming (CIWF) und Animals International (AI) haben beobachtet, wie ein altes, ehemaliges Frachtschiff mit knapp 8.000 Tieren an Bord auf See ersetzt werden musste. Unzureichende europäische Rechtsvorschriften und deren mangelhafte Umsetzung haben zur Folge, dass Tiere, die in Länder außerhalb der EU exportiert werden, regelmäßig länger leiden als üblich.
Am 23. Februar legte das Tiertransportschiff Spiridon II in Tarragona, Spanien, ab. Spanien ist eines der Hauptexportländer lebender Tiere in Europa. Etwa 300 Jungbullen aus Frankreich und Spanien sowie 7.600 Schafe aus Spanien waren an Bord. Der Zielhafen lag in Akaba, Jordanien.
Am 27. Februar traten Motorschäden auf. Die Reise wurde unterbrochen, und das Schiff verbrachte drei Tage nahe griechischer Häfen. Die Tiere auf europäischem Boden abzuladen, war keine Option: Sobald sie das Schiff betreten, dürfen sie die EU als sogenannte „Exporttiere“ nicht wieder betreten. Das hat oft tragische Folgen, wie bei den Odysseen der Karim Allah und der Elbeik Anfang 2021, als 2.600 Kälber und Rinder notgeschlachtet wurden.
Am 4. März wurde die Spiridon II schließlich nach Eleusis in Griechenland gebracht. Dort wurden die 8.000 Tiere mittels Rampe vom einen Schiff auf ein zweites, das Tiertransportschiff Adel I, verladen. Der Grund für dieses Manöver auf See war, dass der Hafen von Eleusis nicht für den Transport von Tieren in Drittländer zugelassen ist. Unabhängig von der Anzahl der Tiere ist auf solchen langen Fahrten kein_e Veterinär_in an Bord. Das war auch auf der Spiridon II der Fall. Es ist unklar, ob die Tiere nach zehn Tagen auf dem Schiff transportfähig für die Weiterfahrt nach Jordanien waren. Ebenso unklar ist, ob nicht transportfähige Tiere vor Ort notgetötet wurden.
Maria Boada-Saña, Tierärztin und Projektleiterin bei der AWF, kritisiert Lebendexporte auf dem Seeweg: „Die derzeit in der EU verkehrenden Tiertransportschiffe wurden von Autofähren oder Frachtschiffen zu Tiertransportern umgebaut zu einem Zeitpunkt, als sie eigentlich hätten abgewrackt werden müssen, weil sie zu veraltet waren, um weiterzufahren. Es handelt sich um alte Schiffe, die unter dubiosen Flaggen fahren und schlecht konstruiert und gewartet sind. Diese Schiffe stellen ein großes Risiko für die Sicherheit der Tiere, der Besatzung und der Umwelt dar.“
Dieses jüngste Ereignis reiht sich ein in eine lange Liste problematischer Lebendtierexporte. Und die Spiridon II ist nur eines unter zu vielen alten Schiffen, die viele Mängel aufweisen und während der Reise in unerwartete Schwierigkeiten geraten. NGOs haben wiederholt auf die zugrundeliegenden Probleme aufmerksam gemacht. Für Notfälle auf See gibt es keine unkomplizierte Lösung; sie führen zu längeren Transporten. Solange die zuständigen Behörden die Zuständigkeit für Schiffe, die den Hafen verlassen haben, verlieren, kann jeder unvorhergesehene Zwischenfall tragische Folgen haben, wie die Beispiele der Elbeik und Karim Allah zeigen. Statt Notbehelfen für jeden einzelnen Fall ist ein systematischer Lösungsansatz geboten.
NGOs haben aufgedeckt, dass bei Tierexporten auf dem Seeweg die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates über den Schutz von Tieren beim Transport nicht eingehalten werden kann. Dies zeigt einmal mehr, dass die geltenden Rechtsvorschriften und das Urteil des Europäischen Gerichtshofs keinen wirklichen Schutz der Tiere während des gesamten Transports gewährleisten.
„Dieser jüngste Vorfall zeigt erneut die gravierenden Mängel bei Lebendtierexporten der EU. Die entsetzlichen Leiden, denen Tiere bei Lebendexporten ausgesetzt sind, und die häufigen mechanischen Probleme der Schiffe dürfen nicht unbeachtet bleiben. Wir fordern die EU-Kommission auf, in dieser Angelegenheit unverzüglich tätig zu werden. Die derzeitige Überarbeitung der EU-Tierschutzvorschriften
bietet die perfekte Gelegenheit, diese Grausamkeit ein für alle Mal zu verbieten,“ so Olga Kikou, Vorsitzende von CIWF EU.
„Die Spiridon II verließ den Hafen von Eleusis am 8. März zur Reparatur. Die Tiere, die die stressige Reise bisher überlebt haben, kamen am 9. März in Jordanien an. Dort werden sie unter schockierenden und grausamsten Bedingungen geschlachtet, welche in der EU illegal sind,“ sagt Gabriel Paun von AI, der seit Jahren dokumentiert, wie aus der EU exportierte Tiere behandelt werden.