12. Juni 2020

Tiertransportschiff FM Spiridon unter Verdacht als Drogenkurier in die EU

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Tierschutz Havarie: Spanische Polizei muss trotz Atemschutzmasken Kontrolle abbrechen.

Freiburg, Zürich, 12.06.2020. Ende Mai 2020 legt das Tiertransportschiff F.M. Spiridon im spanischen Hafen von Las Palmas einen Zwischenstopp auf dem Weg nach Ägypten ein. An Bord sind 5'000 Rinder aus Kolumbien in alarmierend schlechtem Zustand. Das Schiff ist überladen, die Tiere abgemagert und viele liegen erschöpft in einer dicken Brühe aus Gülle, Kot und Reststreu. Einige Tiere sind bereits gestorben. Ihre toten Körper liegen auf dem Oberdeck. Das Tierelend wird durch Zufall während einer Drogenrazzia entdeckt, die die Grenzpolizei in Las Palmas auf dem Schiff FM Spiridon durchführt. Trotz Atemschutzgeräten bricht die Polizei die Drogensuche wegen des bestialischen Gestanks ab. «Bereits bei unseren Schiffskontrollen 2015 fiel die FM Spiridon durch massive Tierschutzprobleme auf», berichtet Maria Boada, spanische Einsatzleiterin Tiertransporte der deutschen Animal Welfare Foundation, AWF. 

«Den Verdacht, dass mit diesen heruntergekommenen Schiffen nicht nur Tiere transportiert werden, hegen wir schon länger. Dass die Behörden dem jetzt nachgehen, ist wichtig», berichtet Maria Boada. Für Tiertransporte in der EU werden Schiffe eingesetzt, die im Durchschnitt älter als 35 Jahre sind. Für Schiffe ist laut Fachleuten damit längst die normale Lebenszeit überschritten. «Die FM Spiridon ist 47 Jahre alt, fährt unter der togolesischen Flagge und ist auf einer schwarzen Liste geführt. Dennoch erhielt das Schiff 2015 in Frankreich die Zulassung als Tiertransportschiff», kritisiert Maria Boada.

2016 hat ein Team der Animal Welfare Foundation eine Begehung der FM Spiridon durchgeführt und die Beladung auch von deutschen Rindern dokumentiert. Bereits damals wurden mehrere Tierschutz- und Umweltprobleme festgestellt. «Massives Problem bei diesem Schiff ist die unzureichende Ventilation. Der beissende, bestialische Gestank (Ammoniak) führt zu Atemwegserkrankungen bei den Tieren. In Verbindung mit der enormen Hitze eine tödliche Mischung. Verschärfend kommt hinzu, dass es kaum Kontrollen durch die Behörden während der Beladung und des Transportes gibt. Über den Zustand, in welchem die Tiere am Zielort ankommen, gibt es keine Rückmeldung an die abfertigenden Behörden in der EU», weiss Maria
Boada zu berichten.

Die FM Spiridon transportiert seit Jahren Tiere aus Südamerika durch das Mittelmeer und aus der EU in den Nahen Osten. Sie ist eines von derzeit 78 für die EU zugelassenen Tiertransportschiffen. Mehr als die Hälfte (55 %) dieser Schiffe fährt unter Flaggen, deren Staaten auf einer ‘Schwarzen Liste’ geführt werden. EU-Statistiken für 2018 belegen 668 Schifftransporte mit knapp 2.9 Millionen Tieren aus der EU, die in Drittstaaten Nordafrikas, den Nahen Osten oder in die Türkei durch das Mittelmeer transportiert wurden. «Während in Deutschland aufgrund der Corona-Pandemie über zu lange Transportzeiten für Tiere diskutiert wurde und diese daraufhin in die Zielhäfen eskortiert wurden, um Wartezeiten an den Grenzen zu vermeiden, beginnt mit der Verladung auf diese ‘Qualschiffe’ unsägliches Tierleid», so Maria Boada.

2018 und 2019 führte die EU-Kommission aufgrund der Beschwerden der deutschen Animal Welfare Foundation Kontrollen in mehreren EU-Häfen durch. Der Kommissionsbericht bestätigt die von der AWF protokollierten Verstösse. «Dieser Umstand muss in die Überarbeitung der Tierschutztransportverordnung einfliessen,» fordert die AWF von der EU-Kommission. Die AWF berichtete wiederholt auch über massive Umweltprobleme, verursacht durch die Einleitung von Gülle und toten Tieren ins Mittelmeer. Für diese gibt es in der Regel keine Entlade- und Entsorgungsmöglichkeiten in den Zielhäfen Nordafrikas oder dem Nahen Osten. «Damit die Tiere im Meer versinken und nicht an die Touristenstrände gespült werden, müssen die Arbeiter toten Tieren die Bäuche aufschlitzen», beschreibt Maria Boada das grausame Geschehen.

Am 11. September 2020 läuft die fünfjährige EU-Zulassung der FM Spiridon aus. Die Vergangenheit zeigt jedoch, dass die Schiffseigener eine EU-Zulassung als Tiertransportschiff bekommen werden. «Wenn ein EU-Land die Zulassung nicht ausstellt, dann sucht sich der Schiffseigner ein anderes Land, wie zum Beispiel Rumänien», kritisiert Maria Boada die EU-Genehmigungspraxis. «In der EU herrscht kein einheitliches Verfahren. Es reicht, wenn man eine willfährige Behörde findet, um diese Seelenverkäufer als Tiertransportschiffe zuzulassen.» Die spanischen Behörden verbieten der FM Spiridon, im Hafen von Las Palmas zu entladen. Tote, kranke, schwache und verletzte Tiere bleiben auf dem Schiff. Das Schiff setzt daraufhin seine Fahrt fort mit Ziel Ägypten. Die Tiere bleiben an Bord ihrem Schicksal überlassen.

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