Türkei | Kapikule | Kontrolle von Tiertransporten an der EU-Aussengrenze
Anfang Juli ist unser Team in Kapikule, der türkischen Seite der EU-Aussengrenze, im Einsatz. Ein weiteres Team ist auf der bulgarischen Grenzseite stationiert. In den kommenden Tagen werden wir Tiertransporter aus der EU auf dem Weg in die Türkei kontrollieren. Unser Team wird von den EU-Politikerinnen, Anja Hazekamp und Tilly Metz, begleitet. Sie sind Mitglieder des Untersuchungsausschusses Tiertransporte des Europaparlaments (ANIT) und möchten sich ein Bild über den Zustand der Tiere bei Langstreckentransporten aus der EU machen.
Direkt nach unserer Ankunft in Kapikule entdecken wir einen Tiertransporter in der prallen Sonne. Aus der Ferne hören wir das Blöken von Schafen. Wir messen Temperaturen von über 35 °C im Inneren des Lkws – ein klarer Verstoss gegen die EU-Tierschutztransportverordnung. Leider sind die Ohrmarken der Schafe so stark verschmutzt, dass wir nicht herausfinden können aus welchem Land sie kommen.
Als nächstes machen wir uns auf den Weg zu den türkischen Amtsveterinären, die für die Kontrollen der EU-Tiere zuständig sind. Sie informieren uns, dass innerhalb der Grenze neue Stallungen gebaut werden, in denen die Tiere künftig für die Veterinärkontrollen abgeladen werden sollen. Bis die neuen Stallungen in Betrieb sind, müssen die Fahrer weiterhin in einer Sammelstelle ausserhalb der Grenze entladen.
Am vierten Einsatztag kontrolliert unser Team zwei Tiertransporter beladen mit Jungbullen aus Tschechien. In Ungarn gilt derzeit ein Hitzetransportverbot. Wir vermuten, dass viele Tiere deshalb über den Umweg Tschechien transportiert werden. Erneut messen wir bei unserer Kontrolle Temperaturen von über 30° C im Transporter. Erst als die Tiere entladen sind, stellt sich heraus, wie unfassbar durstig und hungrig sie sind. Dabei wurden sie laut Angaben der Fahrer im bulgarischen Versorgungsstall in Swilengrad versorgt, der nur 50 km (Luftlinie) entfernt liegt. Unsere Teams beanstanden die mangelhafte Versorgung der Tiere in diesen Stallungen seit Jahren. Zum Glück wurden die Fahrer beauftragt, in der türkischen Sammelstelle zusätzliches Futter für die Tiere zu kaufen.
An unserem fünften Einsatztag kontrollieren wir erneut einen Tiertransporter mit Jungbullen. Der Fahrer parkt den Transporter in der prallen Mittagssonne und weigert sich, Lüftung und Tränkesystem einzuschalten. Erst als wir seine Transportfirma informieren, ist der Fahrer bereit, die Systeme einzuschalten. Doch auch dann messen unsere Teams immer noch Temperaturen von bis zu 33 °C in den Transportabteilen. Drei Stunden lang müssen die Tiere im Lkw ausharren, bis sie endlich entladen werden. Sie sind so durstig, dass unser Team die Tränkebecken mehrmals nachfüllt.
An unserem vorletzten Einsatztag kontrollieren wir einen Tiertransporter mit sieben «Zucht»bullen. Der Fahrer berichtet von einem langen Stau an der bulgarischen Grenze. Die Sonderspur für Tiertransporte sei erneut ausser Betrieb. Insgesamt vier Stunden Wartezeit, bis zur bulgarischen Grenze und weitere elf Stunden bis zur Veterinärkontrolle. In der Türkei müssen nun die Importpapiere geprüft werden. Weitere vier Stunden Wartezeit bis der Tiertransporter seine Fahrt fortsetzen kann. Für die sieben Bullen bedeutet das insgesamt 20 Stunden Wartezeit, bis alle Kontrollen an der EU-Aussengrenze abgeschlossen sind. Dabei ist bekannt, dass mit der Transportzeit die Tierschutzrisiken steigen. Vor allem in den heissen Sommermonaten.
An unserem letzten Einsatztag kontrolliert unser Team einen Konvoi von vier Tiertransportern, beladen mit dänischen Färsen (junge weibliche Rinder). Im Inneren der Lkws messen wir 28 °C. Die Temperaturverhältnisse liegen innerhalb der Vorgaben der EU-Tierschutztransportverordnung. Bei der Kontrolle dieser vier Transporter, entdecken wir keine Tierschutzverstösse. Der Exporteur, der den Konvoi ein Stück weit begleitet, erzählt uns, dass die jungen Rinder tragend sind und ihr Bestimmungsort ein Zuchtbetrieb in der Türkei ist.
Unser Einsatz an der türkisch-bulgarischen Grenze zeigt erneut, dass Tierexporte aus der EU in Drittstaaten unnötiges Tierleid verursacht. Vor allem die heissen Temperaturen und die langen Wartezeiten an der Aussengrenze verschärfen die Situation für die Tiere.