Blutfarmen

Island

PMSG-Gewinnung in Island

In Island wird seit rund 40 Jahren Blut von trächtigen Stuten entnommen, doch das Geschäft hat sich im letzten Jahrzehnt verdreifacht. Mehrere Pharmaunternehmen haben nach dem vor acht Jahren bekannt gewordenen Skandal um Blutfarmen in Uruguay und Argentinien den Import von PMSG aus diesen Ländern gestoppt und beziehen nun PMSG aus Island. Im Jahr 2024 wurde 4.225 Stuten in rund 90 Betrieben Blut abgezapft. Das isländische Pharmaunternehmen Isteka kauft Blut von unabhängigen Farmern auf, betreibt aber auch eigene Blutfarmen und besitzt hunderte Stuten. 2024 betrug der Umsatz von Isteka rund 11.5 Millionen Euro. Fünf Liter Blut werden den trächtigen Stuten pro Woche entnommen, während zwei Monaten. Dies ist mehr als viermal so viel, wie internationale Richtlinien empfehlen.

PMSG, auch eCG genannt, ist ein Fruchtbarkeitshormon, das aus dem Blut trächtiger Stuten gewonnen wird, um es in der industriellen Tierzucht einzusetzen, v.a. in der Sauenhaltung. Das Hormon wird zur Leistungssteigerung der Sauen, Taktung der Geburten und Effizienzsteigerung verwendet. Sein Einsatz ist in Deutschland weit verbreitet.

Die meisten Stuten, die für die PMSG-Gewinnung verwendet werden, sind halbwild. Sie werden nur für die Blutproduktion genutzt und sind den Umgang mit Menschen nicht gewöhnt. Die ungezähmten Pferde sind verängstigt oder gar panisch, wenn sie in die engen Fixierboxen getrieben werden. Wenn sie sich wehren, wird Gewalt angewendet. Sie werden mit Peitschen, Stöcken, Plastikrohren, Eisenstangen und Holzbalken geschlagen und malträtiert. In den Fixierboxen wird ihr Kopf mit einem Seil hochgebunden und ein Gurt wird über ihren Rücken gespannt, damit sie nicht steigen können. Diese grobe Behandlung und Fixierung führt zu einer sich wiederholenden Traumatisierung der Stuten, auch bekannt als "erlernte Hilflosigkeit". Ausserdem birgt die Art und Weise der Fixierung zahlreiche Verletzungsgefahren.

In Island werden Pferde traditionell auch für die Fleischproduktion gezüchtet. Jedoch sind die Schlachtpreise für Fohlen in derselben Zeit, in der sich die PMSG-Produktion verdreifacht hat, stark gesunken. Heute sind die Fohlen längst nur noch ein billiges Nebenprodukt des Blutgeschäfts. Die Farmer verdienen mit dem Blut einer Stute ungefähr viermal so viel wie mit einem "Schlacht"fohlen.

Der erste Dokumentarfilm "Island - Land der 5.000 Blutstuten", den wir im November 2021 veröffentlichten, löste eine anhaltende öffentliche und politische Debatte aus, nicht nur in Island, sondern auch in der EU und insbesondere in Deutschland, wohin der grösste Teil des isländischen PMSG exportiert wird. Wenige Wochen nach der Veröffentlichung unseres Films wurde dem isländischen Parlament ein Gesetzentwurf vorgelegt, der ein Verbot der Blutentnahme bei trächtigen Stuten vorsah. Der Gesetzentwurf wurde nicht zur Abstimmung gebracht. Er wurde im November 2023 erneut vorgelegt, allerdings wieder ohne Erfolg. 

Im März 2022 reichten wir bei der EFTA-Überwachungsbehörde eine Beschwerde gegen Island ein wegen Verstössen gegen Vorschriften des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR). Die Beschwerde wurde von der Eurogroup for Animals und 14 weiteren Tierschutzorganisationen mitunterzeichnet. Wir argumentierten, dass Island die EU-Rechtsvorschriften zum Schutz von Tieren, die für wissenschaftliche Zwecke verwendet werden, nicht korrekt anwendet. Nach diesen Vorschriften gelten die Blutentnahmen als Tierversuch und müssen somit durch alternative Methoden ersetzt werden, wann immer möglich. Alternativen zu PMSG sind reichlich vorhanden.

Nach unserer Beschwerde leitete die EFTA ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Island ein. Mit dem Ergebnis, dass die Blutentnahme zur PMSG-Gewinnung seit November 2023 in Island als Tierversuch gilt. Ein Tierversuch kann jedoch nur genehmigt werden, wenn er unerlässlich ist und es keine tierfreien Alternativen gibt. Die Genehmigung der PMSG-Gewinnung als Tierversuch wäre somit rechtswidrig, weil es gleichwertige Alternativen gibt, mit denen man die Brunst der Sauen und die Geburten synchronisieren kann.

Auf Druck von Isteka beschloss die isländische Veterinärbehörde MAST jedoch, dass die bestehende Genehmigung von Isteka bis Oktober 2025 gültig bleibt. Erst dann müsste Isteka eine neue Genehmigung auf der Grundlage der Tierversuchsverordnung beantragen.

Wir fordern die isländischen Behörden nachdrücklich auf, Isteka die derzeitige Genehmigung unverzüglich zu entziehen und keine neue Genehmigung nach dem Tierversuchsgesetz zu erteilen. Dies ist Islands Chance, das Blutgeschäft zu beenden!

Gemeinsam mit der Eurogroup for Animals und anderen Tierschutzorganisationen fordern wir ein Verbot der Herstellung, Einfuhr und Verwendung von PMSG in der Europäischen Union:

White Paper: Good Welfare for Equids

Filme: 

Film 2024: PMSG - Das Qualhormon | Gute Gründe für ein Verbot

Film 2023: Island - das verborgene Blutgeschäft

Film 2021: Island - Land der 5.000 Blutstuten

Dokumentation: 

Zum Dossier 

Expertise des Schweizer Nationalgestüts (Agroscope) zu Blutfarmen

Einsatzberichte