Blutfarmen
Island
PMSG-Gewinnung in Island
In Island wird seit rund 40 Jahren Blut von trächtigen Stuten entnommen, doch das Geschäft hat sich im letzten Jahrzehnt verdreifacht. Mehrere Pharmaunternehmen haben nach dem vor sieben Jahren bekannt gewordenen Skandal um Blutfarmen in Uruguay und Argentinien den Import von PMSG aus diesen Ländern gestoppt und beziehen nun PMSG aus Island. Im Jahr 2021 wurde dort von 5'300 Stuten auf 119 Farmen Blut abgezapft. Das isländische Pharmaunternehmen Isteka kauft Blut von unabhängigen Farmern auf, betreibt aber auch eigene Blutfarmen und besitzt hunderte Stuten. 2020 betrug der Umsatz von Isteka rund 11 Millionen Euro.Fünf Liter Blut werden den trächtigen Stuten pro Woche entnommen, während zwei Monaten. Dies ist mehr als viermal so viel wie internationale Richtlinien empfehlen.

Die meisten Stuten, die für die PMSG-Gewinnung verwendet werden, sind halbwild. Sie werden nur für die Fleisch- und Blutproduktion genutzt und sind den Umgang mit Menschen nicht gewöhnt. Die ungezähmten Pferde sind verängstigt oder gar panisch, wenn sie in die engen Fixierboxen getrieben werden. Wenn sie sich wehren, wird Gewalt angewendet. Sie werden mit Peitschen, Plastikstöcken, Eisenstangen und mit Holzbalken geschlagen und malträtiert. In den Fixierboxen wird ihr Kopf mit einem Seil hochgebunden und ein Gurt wird über ihren Rücken gespannt, damit sie nicht steigen können. Diese grobe Behandlung und Fixierung führt zu einer sich wiederholenden Traumatisierung der Stuten, auch bekannt als "erlernte Hilflosigkeit". Ausserdem birgt die Art und Weise der Fixierung zahlreiche Verletzungsgefahren.
In Island werden Pferde traditionell auch für die Fleischproduktion gezüchtet. Jedoch sind die Schlachtpreise für Fohlen in derselben Zeit, in der sich die PMSG-Produktion verdreifacht hat, stark gesunken. Heute sind die Fohlen längst nur noch ein billiges Nebenprodukt des Blutgeschäfts. Die Farmer verdienen mit dem Blut einer Stute ungefähr viermal so viel wie mit einem "Schlacht"fohlen.
Wenige Wochen nach der Veröffentlichung unseres Dokumentarfilms "Island - Land der 5.000 Blutstuten" im November 2021 wurde dem Parlament ein Gesetzentwurf vorgelegt, der ein Verbot der Blutentnahmen von trächtigen Stuten fordert. Der Gesetzentwurf wird derzeit von einem parlamentarischen Ausschuss geprüft. Gleichzeitig hat die Landwirtschaftsministerin eine Arbeitsgruppe beauftragt, die Rechtsgrundlagen und die wirtschaftliche Bedeutung der PMSG-Gewinnung zu untersuchen und bis im Juni 2022 Ergebnisse und Empfehlungen zu präsentieren.
Wir unterstützen den isländischen Gesetzesantrag sowie den Beschluss des Europäischen Parlaments vom Oktober 2021, welcher die EU-Kommission dazu auffordert, sowohl den Import als auch die EU-weite Gewinnung von PMSG zu stoppen.
Update März 2023: Trotz heftiger öffentlicher Diskussion hat die isländische Agrarministerin im August 2022 eine neue Verordnung erlassen. Sie erlaubt weiterhin Blutentnahmen bis 2025. Die Qualen gehen unvermindert weiter. Einzige Änderung: Die Blutentnahmen sind jetzt staatlich genehmigt. Für die Pferde ändert sich nichts. Man darf Stuten weiterhin fünf Liter Blut pro Woche und insgesamt 40 Liter Blut pro Saison entnehmen. 2025 will das Agrarministerium eine endgültige Entscheidung über die Zukunft der PMSG-Gewinnung in Island treffen. So lange werden wir den Druck auf die Regierung und die Profiteure des Qualgeschäfts aufrechterhalten.
Unser neuer Film "Island - das verborgene Blutgeschäft" vom März 2023 ist das Ergebnis einer neuen Recherche und vieler Gespräche mit Expertinnen.
Film: Island - das verborgene Blutgeschäft
Film: Island - Land der 5.000 Blutstuten
Expertise des Schweizer Nationalgestüts (Agroscope) zu Blutfarmen